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weltwärts
bewegt
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„Die innere Bereitschaft, ein offenes Herz und der Wille auf Menschen zuzugehen.“, so beschreibt Andreas Lanksch die Voraussetzungen, die potentielle Gastfamilien mitbringen sollten. Er und seine insgesamt fünfköpfige Familie empfingen im Frühjahr 2018 zwei Freiwillige im Rahmen des weltwärts Süd-Nord-Programms aus Tansania und Uganda. Die beiden Frauen absolvierten Ihren Dienst mit deren Partnerorganisationen vor Ort sowie dem Kolpingwerk Deutschland und waren offiziell für 12 Monate Teil der Familie – inoffiziell sind sie es noch immer.
Im Jahr 2013 ging Carolin, die Tochter von Andreas und Beate Lanksch, weltwärts und verbrachte ein Jahr in Tansania. Dort lebte sie in einer Gastfamilie und erfuhr wie bereichernd das während eines Freiwilligendienstes sein kann. Mit diesem Gedanken kam sie zurück und sprach mit ihren Eltern darüber.
Die erste Reaktion der Eltern war jedoch sehr gemischt: Weil schon drei Kinder zuhause wohnten, stand die Platzfrage zentral im Raum. Jedoch konnte das Carolin nicht von ihrem Plan abbringen, denn mittlerweile konnte sie auch ihren Vater von der Idee begeistern, der seinerseits bereits beim Kolpingwerk aktiv war. Am Ende wurde gemeinsam in der Familie entschieden:
Das Votum war knapp, insgesamt gab es in der familieninternen Abstimmung zwei Stimmen für das „Abenteuer“, zwei Enthaltungen sowie eine Gegenstimme.
Manche Familien hätten an dieser Stelle wohl einen Rückzieher gemacht. Jedoch waren Andreas und Carolin von der Idee überzeugt, sodass Carolin kurzerhand ihr Zimmer räumte und letztendlich Platz für zwei Freiwillige machte. Auf die Frage, ob es nicht besser wäre, pro Gastkind ein Zimmer anbieten zu können, antworteten sie, dass ein eigenes Zimmer nie schlecht sei, es aber in dieser Konstellation sehr gut funktioniert habe. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Sandra und Arijenida – oder Ari genannt – auf einer Wellenlänge waren. Andreas Lanksch sagt dazu: „Ein eigenes Zimmer ist sinnvoll, aber kein Muss. Es ist wahrscheinlich eine Einstellungssache, denn wer will, findet Wege“.
Nachdem die Entscheidung für das Gastfamilie-Sein gefällt wurde, stieg die Vorfreude sowie die Spannung. Konkrete Bedenken gegenüber dem Unbekannten gab es nicht. Familie Lanksch sah darin vielmehr die Chance neue Erfahrungen zu sammeln und in den Austausch mit anderen Kulturen zu treten.
Direkte Vorbereitungsmaßnahmen trafen sie nicht. Jedoch würde sie zukünftigen Gastfamilien raten, die Erwartungshaltungen bei sich sowie den Freiwilligen abzuklopfen.
„Voneinander lernen, Erwartungshaltungen überdenken und offen miteinander sprechen“, so meistere man wahrscheinlich die meisten Herausforderungen, vor die man als Gastfamilie gestellt würde, sagen die Lankschs. Denn auch trotz interkultureller Kenntnisse oder der sozialpädagogischen Ausbildung von Carolin, kam es zu Momenten, die für alle Beteiligten neu waren. Hier halfen immer Gespräche und eine offene Kommunikation.
Natürlich kann die Sprachbarriere hierbei hinderlich sein. Die Freiwilligen müssen zwar Kenntnisse der deutschen Sprache vorweisen, jedoch gehört der Spracherwerb gleichzeitig zu einem der Ziele des weltwärts-Dienstes, weshalb sie während ihrer Zeit in Deutschland Sprachkurse besuchen. Das bedeutet natürlich auch, dass die Kommunikation anfangs etwas schwieriger sein kann. Hierzu sagt Beate: „Es ist wichtig, diese Sprachbarriere überwinden zu wollen. Dazu muss man auch selbst aus der Komfortzone heraus und die eigenen Brocken Englisch auffrischen. Lieber gebrochenes Englisch sprechen, als kein Englisch. – Das kostet Mut, aber lohnt sich für alle.“
Das mache die Anfangszeit sehr spannend und herausfordernd, aber, wenn man dann die Fortschritte bemerke, mache es umso mehr Spaß.
„Gastfamilie zu sein, bedeutet, sich in einem kontinuierlichen Lernprozess zu befinden.“
Der Süd-Nord-Dienst ist also nicht nur für die Freiwilligen ein Lerndienst, sondern auch für die beteiligten Gastfamilien. Familie Lanksch beschreibt einerseits, wie sie sprachlich über sich hinauswuchsen und andererseits lernten, ihren Alltag und eingesessene Gewohnheiten zu hinterfragen. So half ihnen das Zusammenleben mit Ari und Sandra dabei, ihren Freizeitstress zu reduzieren: Die beiden Mädchen wollten sonntags oft entspannen und freuten sich über den ruhigen Tag, weshalb sie nicht immer an den sonntäglichen Aktivitäten und Ausflügen der Familie Lanksch teilnahmen. Diese bemerkte daraufhin, dass sie das ein oder andere Mal nur aus Pflichtbewusstsein an Aktivitäten teilnahmen, weshalb sie ihre eigene Freizeitgestaltung nochmal überdachten.
Insgesamt sieht Familie Lanksch Herausforderungen, aber keine Hindernisse: „Es kommen einige Anforderungen auf einen zu, jedoch nichts, was man nicht bewältigen könnte oder das unlösbar sei.“ Die Herausforderungen kämen nach und nach, weshalb man sie nacheinander meistern könne. So blieb ihnen besonders der Umgang mit der Ausländerbehörde im Gedächtnis. Doch auch hier ziehen sie die gesammelten Erfahrungen für sich heraus und sagen: „Gastfamilie zu sein, bedeutet, sich in einem kontinuierlichen Lernprozess zu befinden.“
Bei der Frage, ob es Momente gab, in denen sie bemerkten, dass es die richtige Entscheidung war, fiel allen eine Antwort ein. Von dem schönen Familien-Wochenende an der Nordsee, über die Tanzaufführung auf Opas 80. bis hin zum ersten „Mama“ oder „Papa“. Zwar musste sich Andreas erst daran gewöhnen von den beiden Gasttöchtern so genannt zu werden, jedoch kann er es sich jetzt nicht mehr anders vorstellen: „Als Sandra versuchte uns mit unseren Vornamen anzusprechen, war das dann für alle ganz komisch. Selbst Oma und Opa werden so genannt. Und plötzlich hat man zwei Kinder mehr."
Die Söhne der Familie Lanksch standen dem ganzen Gastfamilien-sein etwas kritischer gegenüber, jedoch gab es einen Punkt, an dem beide einen „Umschwung“ erlebten: Im Nachhinein sind sie sehr froh über die Zeit mit Ari und Sandra.
Außerdem erfuhr die Familie viel Unterstützung aus ihrem Dorf. So erhielten Sie Sachspenden in Form von Winterkleidung, die den beiden Mädchen anfangs noch fehlten. Auch half die Zeit beim Abbau von Vorurteilen; gerade bei der älteren Generation.
Aus der Sicht von Familie Lanksch kann jede Familie eine Gastfamilie sein: Man braucht lediglich die innere Bereitschaft, ein offenes Herz und den Willen auf Menschen zuzugehen. Der Wille aus dem Trott auszubrechen, Abläufe zu ändern, andere Lebensarten anzunehmen und die eigene Komfortzone zu verlassen ist darüber hinaus ebenso wichtig, wie die „Normalität“ der Freiwilligen anzuerkennen und sie diese in die Familie einbringen zu lassen.
Auf die Frage, ob jede Familie eine Gastfamilie sein kann, sind sich alle einig: Die Bereitschaft muss da sein, denn Gastfamilie sein, bedeutet Arbeit. Man muss bereit dazu sein, die Freiwilligen sein zu lassen, wie sie sind und ihnen Freiräume einzugestehen. Man braucht jedoch keine besonderen Fähigkeiten oder sehr viel Geld. Man braucht Lust, Zeit und Energie.