In die Welt

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Danke für diese Erfahrung

Rosario

Einsatzort: Köln Deutschland

Organisation: IN VIA

Rosario Sanchez Tiscornia kommt aus Argentinien und hat ihren Dienst als Süd-Nord-Freiwillige mit IN VIA in Köln gemacht.

Sieben Monate bin ich nun in Deutschland, und die Zeit seit meiner Landung auf deutschem Boden ist wie im Flug vergangen. Ich kam voller Erwartungen, Träume, Hoffnungen, Vorurteile und voller Energie hier an, um das Beste von mir in diesem Lebensprojekt, meinem Freiwilligendienst, zu geben.

Das war alles erst der Anfang

Deutschland hat mich vom ersten Moment an beeindruckt. Als ich im Flugzeug saß, hatte ich ein sehr beklemmendes Gefühl in meinem Körper, was natürlich daran lag, dass ich nicht wusste, was mich auf der anderen Seite des Ozeans erwartete. Aber vom ersten Moment an, als ich in Deutschland ankam, fühlte ich mich wie zu Hause. IN VIA, meine Aufnahmeorganisation, erwartete uns bereits am Flughafen. Von dort aus fuhren wir mit dem Zug nach Köln, und auf dieser Fahrt, während ich aus dem Fenster auf die Landschaft schaute und mich mit den anderen Freiwilligen unterhielt, wurde mir klar, dass ich endlich angekommen war. Es kam mir vor wie ein Traum, aber es war Wirklichkeit!

Dieses Foto zeigt Rosario in einer Gruppe junger Menschen in einem Seminarraum. Die jungen Leute strecken ihre Arme aus und sehen fröhlich in die Kamera.
Auf dem Vorbereitungsseminar lernt Rosario die anderen Freiwilligen von IN VIA kennen.

Nach zwei Seminarwochen nahmen wir unsere Tätigkeit auf. Mein Projekt ist so etwas wie die Hintergrundkulisse für alle anderen Freiwilligenprojekte. Verwaltung, Finanzen, organisatorische Fragen und ein wenig Kommunikation sind meine Arbeitsbereiche. Wir bieten Unterstützung bei der Organisation, damit die anderen Projekte effizient arbeiten und funktionieren. Es ist unglaublich, wie viele verschiedene Tätigkeiten ein Verein ausführt, wie viele Menschen involviert sind und daran arbeiten, dass alles andere reibungslos abläuft für einen schönen Zweck: zu helfen.

Auf diesem Bild sieht man Rosario hinter einem Informationsstand. Im Hintergrund wirbt ein Plakat für Auslandsaufenthalte.
Eine gute Erfahrung: Rosario wirbt für Auslandsaufenthalte.

Meine Aufgaben sind abwechslungsreich; das gefällt mir am allermeisten. Eine meiner Aufgaben ist es, bei der Abrechnung von zwei Projekten mitzuhelfen, zu überprüfen, wo und zu welchem Zweck das Geld ausgegeben wurde sowie die Finanzmittel für die Freiwilligen zu kontrollieren und diese über den Stand ihrer Spenden zu informieren. Eine weitere Aufgabe ist es, bei den Bewerbungen zukünftiger Freiwilliger zu helfen. Wenn es Orientierungsseminare für deutsche Freiwillige gibt, wirke ich bei der Organisation und beim Aufbau mit; darüber hinaus nehme ich an den Aktivitäten teil, spreche über meine Erfahrungen als Freiwillige sowie über meine Ängste, Herausforderungen und mein Land.

Für mein neues Ich ist jetzt die Stille wichtig

Am Anfang hatte ich Schwierigkeiten, denn die Deutschen arbeiten in völliger Stille, und von Argentinien war ich es gewohnt, in einer lauten Umgebung zu arbeiten, wo wir alle die gleiche Musik hörten oder uns einfach nur laut unterhielten. Hier ist es ganz anders und es war schwierig für mich. Ich fühlte mich angespannt, weil ich nichts von der Sprache verstand. Jetzt, nach sieben Monaten, habe ich mich an diese Stille gewöhnt und nicht nur das: ich brauche sie auch in meinem Leben. Die Stille war ein Geschenk für mich, weil ich sie heute brauche, um meine Gedanken zu sortieren, um auf meine innere Stimme zu hören, um mich zu zentrieren. Ich kann mir mein Leben ohne diese Stille nicht mehr vorstellen, denn sie erlaubt mir, in mich hineinzuhören, zu erkennen, was ich fühle und was ich brauche.

Rosario sitzt ruhig auf einem Baumstamm am Sandstrand.
Die Stille erlaubt es mir, den jetzigen Augenblick und meine Umgebung bewusst wahrzunehmen.

Am Anfang hat mich die Sprache eingeschränkt

Mein Arbeitsteam ist das beste. Meine Kollegen haben mir viel beigebracht, vor allem aber waren sie sehr geduldig mit mir trotz der sprachlichen Barriere. Auch lernen sie gerne Spanisch, und es macht mich glücklich, dass sie sich für meine Kultur interessieren. Ich glaube, ich hatte großes Glück, denn unter ihnen fühle ich mich keineswegs als Ausländerin. Am Anfang hatte ich sprachliche Schwierigkeiten – es fiel mir schwer, die Witze verstehen und an den Unterhaltungen teilzunehmen. Da ich mich in einer anderen Sprache ausdrücken musste, kam ich mir nicht natürlich vor, aber mit der Zeit ist alles besser geworden und heute fühle ich mich besser integriert, bin ganz ich selbst und kann mich an den Gesprächen beteiligen. Das ist ein großer Schritt für mich. Dank meiner Kollegen habe ich eine Menge Deutsch gelernt. Und ich habe gelernt, dass man geduldig sein muss. Es ist harte Arbeit, aber es lohnt sich.

In meiner Freizeit nehme ich einmal in der Woche Salsa-Unterricht und gehe mit einer Arbeitskollegin zum Yoga-Unterricht. Auch mag ich es, einfach zu Hause zu bleiben, auf der Ukulele zu spielen, eine Serie zu schauen oder jetzt, wo das Wetter in Köln schön ist, in der Nähe des Rheins Rad zu fahren und an einem Strand anzuhalten, um zu lesen, in der Sonne zu liegen oder Matetee zu trinken.

Ich habe Verallgemeinerungen nie gemocht: Hör nicht auf Vorurteile, kommuniziere mit den anderen und öffne dich den Menschen vor Ort und ziehe deine eigenen Schlüsse!

In Bezug auf die deutsche Kultur habe ich anfangs nicht verstanden, warum die Deutschen sich so verhalten, wie sie es tun. Ich musste mich mit vielen falschen Vorurteilen auseinandersetzen. Dazu gehört der typische Kommentar „die Deutschen sind kalt“. Meine Erfahrungen wichen völlig von dem ab, was man mir über die deutsche Gesellschaft erzählt hatte. Die meisten von ihnen sind das Gegenteil. In meinem Job sind die Leute sehr gefühlsbetont, freundlich und liebenswert.

Einmal ging ich mit einer Karte die Straße entlang; ein Mann blieb vor mir stehen, fragte mich, wohin ich gehen wollte und half mir, den Weg zu finden. An einem anderen Tag saß eine alte Dame neben mir im Zug und fing an, mit mir über ihr Leben zu reden und war sehr an mir und Argentinien interessiert, als ich ihr erzählte, dass ich von dort komme. Es stimmt zwar, dass sie nicht so ausdrucksstark sind wie wir Argentinier, sie sind eben anders und das ist in Ordnung, weil es eine andere Kultur ist. Sie haben ihre eigene Art zu sein. Ich habe Verallgemeinerungen nie gemocht, aber jetzt erst recht nicht: Hör nicht auf Vorurteile, kommuniziere mit den anderen und öffne dich den Menschen vor Ort und ziehe deine eigenen Schlüsse!

Ich bin offener

Natürlich gibt es immer wieder Momente, in denen ich meine Familie und Freunde vermisse. Besonders an Sonntagen, die aber meiner Meinung nach überall auf der Welt schwer sind. Alles läuft aber so gut, dass nicht viel Zeit für Heimweh bleibt. Ich fühle mich wirklich glücklich und dankbar für diese Erfahrung, für all die Menschen, die ich getroffen habe und für alle Dinge, die ich mache.

Rosario feiert mit einer Gruppe junger verkleideter Leute Karneval auf der Straße.
Ich bin dankbar für diese Erfahrung und für all die Menschen, die ich getroffen habe.

In den letzten Jahren in Argentinien hatte ich nicht viel Zeit für mich. Diese Erfahrung kam zur richtigen Zeit. Ich merke, wie sehr ich hier gewachsen bin, wie sehr ich mich verändert habe. Ich lerne eine Menge über mich selbst, ich genieße mich selbst, meine neuen Freunde und meine neue Sicht auf das Leben. Ich bin jetzt durchweg motiviert, offener. Ich glaube nicht mehr an Dinge, an die ich früher geglaubt habe, ich habe meine Perspektive ein wenig verändert und bilde mir eine neue Vorstellung von Familie, Freundschaft und Liebe – also vom Leben.

Was meine Rückkehr nach Argentinien betrifft, so denke ich immer noch nicht viel darüber nach. Ich versuche, die Gegenwart zu genießen, obwohl ich gleichzeitig viele Ideen für die Zeit nach meiner Rückkehr habe, aber jetzt bin ich erst einmal hier! Hier habe ich etwa gelernt, wie wichtig es ist, gut organisiert zu sein, um effizient zu sein, aber ich vermische diese neue Einsicht mit meiner argentinischen Kultur und sage mir, dass nicht alles planbar ist.