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Meinen Freiwilligendienst leistete ich im Eine Welt Forum Freiburg, einem Netzwerk von Organisationen, die nachhaltige und global gerechte Entwicklung fördern. Direkt in meiner ersten Arbeitswoche nahm ich an einer Degrowth-Konferenz in Leipzig teil. Dort wurden die Folgen des Wirtschaftswachstums auf Gesellschaft und Umwelt diskutiert. Statt allerdings den Blick auf die Behebung von Problemen wie Ressourcenmangel, Umweltverschmutzung und Armut zu richten, wurde in der Konferenz angeregt, das Dogma des Wirtschaftswachstums zu hinterfragen, um die Entstehung dieser Probleme zu vermeiden.
In den ersten Monaten hatte ich einige Probleme, mich zurechtzufinden. Ich nahm an Demos, Aktionen und Messen teil. Bei diesen Aktionen begegnete ich auch „leidenschaftlichen Gegnern des Systems“, die es genossen, sich rebellisch zu geben. In Peru würden viele dieser Gruppierungen eine andere Behandlung durch die Polizei erfahren – sie würden verhaftet werden, man würde gegen sie ermitteln und sie vorsätzlich mit terroristischen Gruppen in Verbindung bringen, die angeblich danach trachten, das Land zu destabilisieren. Da würde ich mich also den Rest des Jahres befinden …
Ich musste erst ins Ausland gehen, um zu erfahren, dass viele indigene Menschen von der Ölindustrie verdrängt werden, dass Bergbauprojekte und Großunternehmen Druck auf den Staat ausüben.
Freiburg kam mir anfangs wie eine kleine grüne Blase vor, in der Menschen sich auf Fahrrädern fortbewegen, Solaranlagen betreiben, Bio- und Fairtrade-Produkte kaufen, Salat essen und die Welt retten möchten. Mit der Zeit wurde mir natürlich klar, dass Freiburg nicht mit ganz Deutschland gleichzusetzen ist – es ist einfach der Teil Deutschlands, den ich kennengelernt habe.
Auf der anderen Seite habe ich auch viel über Peru gelernt: Ich musste erst ins Ausland gehen, um zu erfahren, dass viele indigene Menschen von der Ölindustrie verdrängt werden, weil Bergbauprojekte und Großunternehmen Druck auf den Staat ausüben. Über solche Hintergründe wurde in Peru nicht gesprochen. Auch das führte bei mir zu einem Perspektivwechsel: In einer Stadt, in der die Linke eine bedeutende politische Kraft bildet, habe ich festgestellt, dass Linke keine Terroristen sind.
Seit meiner Rückkehr setze ich mich sehr für Menschenrechte ein und praktiziere verantwortlichen Konsum.
Ein Jahr lang mit Claudia, Barbara, Thomas, Dagmar und Susann sowie mit all meinen Kolleginnen und Kollegen zusammenzuleben und zu arbeiten, hat mir gezeigt, dass es wichtig ist, im Einklang mit den eigenen Überzeugungen zu leben - und dass meine Handlungen in einem Land Auswirkungen auf die Menschen in einem anderen Land haben können. Vor allem hat es mir aber gezeigt, dass die Veränderungen bei mir selbst und in meiner unmittelbaren Umgebung beginnen müssen.
Seit meiner Rückkehr setze ich mich sehr für Menschenrechte ein und praktiziere verantwortlichen Konsum - ich versuche es zumindest. Zudem haben wir mit anderen zurückgekehrten Freiwilligen beschlossen, uns stärker in der Durchführung der Süd-Nord-Komponente zu engagieren. So haben wir die Vereinigung von Rückkehrerinnen und Rückkehrern „Yanapachikun Immer“ (Quechua/Deutsch: Immer helfen) gegründet. Wir richten unser Augenmerk auf den Umweltschutz und haben noch viele Ideen und Projekte, die wir vorantreiben möchten.
Welche Bedeutung hatte nun schließlich das weltwärts-Programm für mein Leben? Weltwärts hat den Raum und die Voraussetzungen geschaffen, um dieses eine Jahr in Deutschland zu leben, die Menschen kennenzulernen, die ich kennengelernt habe, die Dinge zu lernen, die ich gelernt habe, die Fehler zu begehen, die ich begangen habe, und mir darüber bewusst zu werden, dass meine Sichtweise nur eine von vielen ist. Aber auch andere haben mich kennengelernt, von mir gelernt und sind sich darüber bewusst geworden, dass ihre Sichtweise eben nur eine von vielen ist.