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Stell dir vor dein ganzes Leben ändert sich von heute auf morgen. Stell dir vor du musst deine Heimat verlassen. Diese Vorstellung wird jährlich für Millionen von Menschen zur Realität.
Seit 2001 wird jedes Jahr der 20. Juni Menschen gewidmet, die vor Krieg, Gewalt, Konflikten oder Verfolgung geflohen sind und eine internationale Grenze überschritten haben, um in einem anderen Land Sicherheit für sich und ihre Familie zu finden. Das Ziel des Weltflüchtlingstags ist es, ein größeres Bewusstsein für das Schicksal der Betroffenen zu schaffen und ihnen Solidarität und Unterstützung entgegenzubringen.
Aus diesem Anlass stellen wir euch Sofía und ihren Einsatzplatz vor. Die Süd-Nord-Freiwillige aus Paraguay hat bis Februar dieses Jahres im Café International der evangelischen Kirchengemeinde in Düren gearbeitet, welches Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten bei Fragen betreffend Asylrecht, Aufenthaltsrecht und Sozialhilferecht zur Seite steht. Wir haben bei ihr und ihrer Partnerorganisation, der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), ein paar Eindrücke zu der Migrations- und Flüchtlingshilfe gesammelt.
Sofías Alltag im Café International gestaltete sich abwechslungsreich: Zu ihren Tätigkeiten gehörte unter anderem zusammen mit den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern die Liste der Personen zu erstellen, die zur Beratung kommen, die Getränke für das Café vorzubereiten, die Einrichtung zu öffnen und zu schließen und dort behilflich zu sein, wo sie gebraucht wurde. Bei der Arbeit konnte sie ihre Sprachkenntnisse einbringen, beim Übersetzen von Dokumenten helfen oder als Dolmetscherin einspringen.
„Deutsch habe ich bereits gesprochen, bevor ich nach Deutschland gekommen bin. Zudem bin ich Englischlehrerin, meine Muttersprache ist Spanisch und da ich aus einem Land komme, das an Brasilien grenzt, verstehe ich Portugiesisch recht gut.“
Aufgrund ihrer Familiengeschichte wurde die Arbeit im Café International für Sofía zu einer sehr persönlichen Erfahrung: „Die Familie meines Vaters ist libanesischer Abstammung, die meiner Mutter deutscher, meine beiden Eltern sind Uruguayer, und mein Bruder und ich sind Paraguayer. Durch das Café konnte ich Menschen kennenlernen, die mit den gleichen Problemen konfrontiert sind, als es damals meine Großeltern waren und meine Eltern heute noch sind: Probleme, sich an eine neue Kultur anzupassen, eine andere Sprache zu sprechen, die Bürokratie eines Landes zu erleben, das nicht das eigene ist sowie Diskriminierung und vor allem - Heimweh.“
„Mein Projekt in Deutschland und meine Familiengeschichte sind sich sehr nah."
„Am Ende des Tages ist es in jedem Land schwierig ein Flüchtling oder ein Einwanderer zu sein und wir müssen nach und nach damit beginnen, diese imaginären Barrieren zu zerstören, die uns unter anderem nach ethnischer Zugehörigkeit, Religion und Nationalität trennen.“
Für die Partnerorganisation EKiR stellen der Austausch mit den Freiwilligen und deren Erfahrungen eine wertvolle Bereicherung für das Projekt dar. „Wir als Partnerorganisation schätzen die Zusammenarbeit mit den Freiwilligen sehr. Dabei ist für uns neben der organisatorischen Begleitung der Freiwilligen vor allem das Zwischenmenschliche besonders wertvoll. In der Reflexion ihrer im Freiwilligendienst erlebten Situationen liegt auch für uns ein enormer Schatz.“
„Es zeigt sich immer wieder, dass die Freiwilligen mit ihrem neuen Blickwinkel Dinge hinterfragen, welche für uns zum Alltag geworden sind. Sie können ihre Sichtweise und neue Impulse in den Einsatzstellen immer wieder einbringen.“
Die Covid-19 Pandemie hat auch das Café International vor neue Herausforderungen gestellt, da ein normaler Betrieb kaum möglich war und das Beratungsangebot für die Geflüchteten auf ein Minimum oder alternative Formen reduziert werden musste. Dort, wo weiterhin Beratung für Geflüchtete angeboten werden konnte, konnte sich Sofía einbringen indem sie beispielsweise Menschen dabei half einen Termin mit einem Arzt zu vereinbaren oder einfache Formulare auszufüllen. Außerdem konnte sie die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zu einer nahegelegenen Flüchtlingsunterkunft begleiten, wodurch sie viel gelernt und gesehen hat.
Rückblickend stellt Sofía fest: „Das Jahr der sozialen Arbeit in Deutschland hat meine Sichtweise verändert, nicht nur auf Paraguay, sondern auch auf Lateinamerika und Deutschland selbst“.
„Die Realitäten sind völlig unterschiedlich, aber die Gefühle der Menschen sind die gleichen, sowohl Freude als auch Traurigkeit.“
„Seit ich nach Paraguay zurückgekehrt bin, habe ich nicht mehr mit Flüchtlingen gearbeitet. In meinem Land gibt es kein Sozialzentrum für Flüchtlinge oder Migranten, wie ich es in Düren erlebt habe,“ erzählt sie. Trotzdem hat der Freiwilligendienst Sofía zu einem Kurswechsel bewegt: „Ich arbeite immer noch als Englischlehrerin, aber ich unterrichte Kinder im Alter von 3 bis 9 Jahren privat, diesmal auch in Deutsch. Die Erfahrung mit Sprachen ermutigt mich weiterhin, Sprachlehrerin zu werden und mich für die Arbeit in der Gemeinde auszubilden.“