In die Welt

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Ich kann und darf unabhängig sein.

#weltwärts verändert. – Auf dem Weg zum Global Citizen

Esther

Einsatzort: Hermannsburg, Deutschland

Organisation: Evangelisch-Lutherischen Missionswerk

Ein Jahr als Freiwillige beim Evangelisch-Lutherischen Missionswerk in Hermannsburg: Esther Rubinal Srinivasan aus Indien hat den „Seitenwechsel“ gewagt. Regina Miller sprach mit ihr am Ende ihres weltwärts-Jahres über Erwartungen und Erfahrungen.

Unsere Fragen an Esther

Regina Miller: Esther, warum hast du dich entschieden, ein Jahr als Freiwillige in Deutschland zu verbringen?

Esther Rubinal Srinivasan: Meine Mutter ist Lehrerin für Kinder mit Behinderung. Sie ist eine starke und engagierte Frau. Als kleines Mädchen bin ich oft mit ihr gegangen und habe gesehen, wie wichtig ihr diese Arbeit ist. Ich habe dabei schnell gemerkt, wie wichtig es auch mir ist, anderen zu helfen.

Regina Miller: Was waren deine Erwartungen an dieses Jahr?

Esther Rubinal Srinivasan: Ich dachte, ich würde schnell viele neue Freunde gewinnen. Doch ich konnte kaum Deutsch, die anderen oft nicht genug Englisch, um sich über die kulturellen Unterschiede hinweg kennenzulernen. Auch in meiner kleinen Wohngemeinschaft war es am Anfang schwierig, da beide Mädchen kein Englisch sprachen. Aber Christel kommt aus Brasilien und spricht gut Deutsch. Sie hat mir dann sehr geholfen, mein Deutsch zu verbessern. Ich habe aber die Sprachbarriere unterschätzt. Es braucht einfach Zeit, anzukommen.

Porträt von Esther, die traditionelle indische Tracht trägt.
Esther Srinivasan in für ihre indische Region, typische Kleidung

Regina Miller: Was ist dir in Deutschland am meisten aufgefallen?

Esther Rubinal Srinivasan: Die Deutschen sind eher sehr geradeheraus. Man darf sagen, wenn einem etwas nicht gefällt oder man anderer Meinung ist. In Indien ist man meist sehr, sehr höflich. Man redet mit netten Worten um das Problem herum, um niemanden zu verletzen. Und die Busse und Bahnen schienen sehr gut organisiert, ich fand alles wirklich sauber.

Regina Miller: Was waren deine schönsten Erlebnisse?

Esther Rubinal Srinivasan: Ich habe Urlaub gemacht. Ich war mit Christel in Mailand und Paris. Und ich lerne Tango.

Ich bin viel selbstständiger geworden, weil ich in einem völlig fremden Land zurechtkommen musste

Regina Miller: Was hast du in diesem Jahr gelernt und wie hast du dich verändert?

Esther Rubinal Srinivasan: Ich bin Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und Lebensstilen begegnet. Ich hatte Gelegenheit, richtige Beziehungen aufzubauen, die einen dauerhaften Eindruck in meinem Leben hinterlassen werden. Ich bin viel selbstständiger geworden, weil ich in einem völlig fremden Land zurechtkommen musste. Dadurch, dass ich bei der Arbeit so viele verschiedene Dinge tun durfte, habe ich gemerkt, was ich eigentlich alles kann. So habe ich immer geglaubt, ich könne nicht Zeichnen und Malen. Doch ich kann! Und ich bin durch meine Ausbildung in traditionellem indischen Tanz zu einer Botschafterin meines Landes geworden, darauf bin ich stolz.

Esther sitzt zusammen mit einem Pädagogen auf dem Boden und sortiert Bilder für einen Workshop.
Gemeinsam mit einem Pädagogen des Ev.-luth. Missionswerks in Niedersachsen bereitet Esther Srinivasan einen Workshop für Konfirmandinnen und Konfirmanden vor.

Regina Miller: Du möchtest gerne Pastorin werden. Was hat diesen Wunsch ausgelöst?

Esther Rubinal Srinivasan: In Indien sind die Möglichkeiten eines Mädchens oft sehr begrenzt. Ihr Weg ist meistens vorgezeichnet. Die Familie, also die Männer in der Familie, entscheiden für sie. Viele Mädchen lernen von klein auf, dass sie ohne einen Mann nicht klarkommen können und nichts wert sind. Viele lernen, dass eine Frau nichts alleine tun kann.

In Deutschland habe ich gemerkt, dass das nicht stimmt. Ich kann und darf für mich selber sorgen und unabhängig sein. Die indische Verfassung sagt, dass Frauen und Männer gleiche Rechte haben, aber viele Traditionen blockieren das. Doch ich weiß jetzt, dass Frauen alles können.

Ich möchte als Pastorin ganz konkret und praktisch etwas für die Frauen in der indischen Gesellschaft tun.

Esther sitzt hinter den von ihr erstellten kunstvollen Ornamenten, die auf den Boden gestreut wurden.
Die indische Kolam-Kunst, bei der vor Eingangstüren kunstvolle Ornamente aus farbigem Sand gestreut werden, demonstrierte Esther Srinivasan eindrucksvoll.

Regina Miller: Was möchtest du für die Frauen in Indien tun und was erwartet dich, wenn du nun so verändert nach Indien zurückkehrst?

Esther Rubinal Srinivasan: Ich weiß, dass man alte Traditionen nicht auf einmal ändern kann. Ich möchte bei mir, in meinem Umfeld, in meiner Gemeinde anfangen, das Denken und die Einstellung der Menschen zu verändern. Das Christentum hat auch nur mit den zwölf Jüngern begonnen und es hat sich unaufhaltsam ausgebreitet.

Es wird nicht immer einfach sein. Ich muss kleine Schritte gehen und hartnäckig bleiben. Meine Familie, und vor allem meine Mutter, freut sich mit mir über meine Pläne.