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Das erste Mal betrat ich ugandischen Boden 2019, einige Monate nach meinem Abitur. Die Einsatzstelle war eine Partnerschule meines Gymnasiums, tief im ländlichen Westuganda beim Orden der Schwestern Unserer Lieben Frau. Dort arbeitete ich im Mathematik- und Englischunterricht mit. Dabei verliebte ich mich Stück für Stück in die ugandische Kultur und die Tropenwälder, die uns umgaben. Der Freiwilligendienst endete abrupt mit Beginn der Corona-Pandemie, die mich innerhalb weniger Wochen zurück nach Deutschland zwang. Die Schwestern und ich waren jedoch von Anfang an überzeugt, dass ich zurückkehren würde.
Als sich abzeichnete, dass die Pandemie nicht so schnell enden würde, begann ich schweren Herzens mein Studium der Ethnologie in Hamburg. Diese Zeit war äußerst herausfordernd, da ich Uganda sehr vermisste und eine Weile zwischen den Welten lebte. Dennoch fand ich im Studium eine wunderbare Möglichkeit, mein Interesse an anderen Kulturen und Lebensweisen zu teilen und zu vertiefen.
Ende 2021 begann ich, meinen nächsten Aufenthalt in Uganda zu planen. Glücklicherweise konnte ich diesen als Pflichtpraktikum mit anschließendem Forschungsaufenthalt an der Universität anrechnen lassen. Dadurch erhielt ich ein Stipendium des Evangelischen Studienwerks Villigst, ohne das der Aufenthalt nicht möglich gewesen wäre.
Im August 2022 machte ich mich auf den Weg zurück, um mein Versprechen einzulösen. Euphorisch landete ich am ugandischen Flughafen, wo mich die Schwestern fröhlich empfingen. Die anfängliche Freude wurde jedoch auf der fünfstündigen Autofahrt schnell getrübt, als ich die abgeholzten Flächen sah, wo einst Regenwald den Straßenrand säumte. Es stellte sich heraus, dass massenhaft Wälder abgeholzt wurden, um Platz für Eukalyptus-Plantagen zu schaffen. Uganda gehört zu den zehn Ländern weltweit, die am schnellsten Wälder verlieren. Dies berührte mich tief, insbesondere weil die Auswirkungen des Klimawandels, wie Dürren und Überschwemmungen, in Uganda spürbar sind. Das Bewusstsein über die Ursachen fehlt jedoch weitgehend in der Bevölkerung, da die Veränderungen nicht mit der massiven Abholzung in Verbindung gebracht werden.
In den folgenden Monaten fand ich wieder zurück in den Lehrberuf. Der Job machte mir großen Spaß, aber die fortschreitende Zerstörung der Natur um mich herum belastete mich immer mehr. Besonders schlimm wurde es im Januar, als die Bauern ihre Felder für die bevorstehende Regenzeit durch Brandrodung vorbereiteten. Täglich wüteten Brände von furchtbarem Ausmaß, die Hektar um Hektar Wälder innerhalb von Stunden in Asche und Rauch verwandelten. Der Horizont stand die ganze Nacht über in Flammen. Ich wandte mich an meinen Arbeitskollegen William Prosper, der die lokale Organisation Steam the Light for African Communities (SLAC) gegründet hatte. Wir entschieden uns, aktiv zu werden. Aber wie konnten wir die Bauern dazu bringen, Wälder zu schützen und neue Bäume anzupflanzen?
Unsere Probleme sind lösbar und wir wissen auch schon wie
Uganda ist eines der ärmsten Länder der Welt, etwa 20 Millionen Menschen leben in extremer Armut. In den die Schule umgebenden Dörfern leben Kleinbauern und -bäuerinnen, die Subsistenzwirtschaft betreiben, also Ackerbau zur Selbstversorgung. Nach umfassender Recherche entschieden William und ich uns für den Ansatz der Agroforstwirtschaft, bei dem die Flächen gleichzeitig land- und forstwirtschaftlich genutzt werden.
Einige Wochen und einen Spendenaufruf später hatten wir eine bescheidene Summe zusammen, die es uns ermöglichte, zwei Hektar Land etwa 30 Fußminuten von der Schule entfernt zu erwerben. In den kommenden Monaten pflanzten wir etwa 5.000 Bäume, darunter Nuss-, Obst- und Medizinbäume sowie bedrohte einheimische Arten. Dieses Wäldchen dient als Modellprojekt und zeigt, wie mit Fortwirtschaft ein sicheres Einkommen geschaffen werden kann.
Während die Fläche Tag für Tag grüner wurde, lernte ich die Gemeinde besser kennen. Besonders berührten mich die hart arbeitenden Frauen, die ihren Kindern oft keine Schulbildung finanzieren können. William und ich waren der Meinung, dass man eine kleine Industrie zur Wertsteigerung der land- und forstwirtschaftlichen Produkten aufbauen müsse. Nach ausgiebiger Recherche hatten wir die Idee ätherischer Öle aus Eukalyptusblättern, Zimtrinde oder Kaffeebohnen zu produzieren.
Zusammen mit einigen Freund*innen und Verwandten gründete ich den gleichnamigen deutschen Partnerverein der ugandischen Organisation SLAC. In den folgenden Monaten gelang es uns, insgesamt 40.000 Euro an Spenden zu generieren. Mit diesem Geld bauten wir eine Produktionsstätte für ätherische Öle und gaben Seminare in nachhaltiger Landwirtschaft. Das Jahr 2023 endete erfolgreich mit der Produktion unseres allerersten ätherischen Öls.
Mittlerweile lebe ich seit anderthalb Jahren in Uganda. Ich arbeite immer noch als Lehrerin, aber mein Herzen schlägt für den Verein. Es gibt so viel zu tun und das Wunderbare ist, dass es tatsächlich möglich ist etwas zu verändern. Die großen Probleme, denen Uganda und der Rest der Welt gegenüberstehen, sind nicht unlösbar. Der Verein hat im ersten Jahr schon viel erreicht. Wie viel wir in der Zukunft schaffen können, hängt davon ab, wie viele Menschen sich entscheiden, uns zu unterstützen. Wir suchen immer Freiwillige, die uns beim Fundraising, bei der Rekrutierung neuer Mitglieder, beim Werben auf Social Media oder in der Logistik helfen. Und natürlich nach Menschen, die die gute Nachricht weitertragen: Unsere Probleme sind lösbar und wir wissen auch schon wie.