In die Welt

eintauchen

Erfahrungen beim Freiwilligendienst in der Dominikanischen Republik sammeln

Einsatz für den Artenschutz im botanischen Garten

Philomena

Einsatzort: Dominikanische Republik

Organisation: Ecoselva

Philomena Tschepe macht seit vier Monaten mit der Organisation Ecoselva einen Freiwilligendienst in einem botanischen Garten in der Dominikanischen Republik. Das Ankommen war für sie gar nicht so leicht, doch mittlerweile hat sie viel Gefallen an dem bunten und lauten Land mit seinen liebenswerten Menschen gefunden. Begleite sie auf ihrer Reise.

Ein überraschender Besuch

Meine ersten Tage hier waren ganz anders als erwartet. Denn der Präsident der Dominikanischen Republik Luis Abinader Corona hatte dem botanischen Garten seinen Besuch angekündigt. Ich wurde also direkt in die Vorbereitungsarbeit gesteckt: Der Salón Girasoles wurde blitzeblank geputzt und mit Pflanzen dekoriert, Stühle wurden aufgestellt und die Bühne bereit gemacht. Und dann kam wirklich der Präsident und andere wichtige Leute, von denen ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste, wer sie waren. Ich kann nur sagen, dass das ziemlich aufregend für mich war. Nach diesem sehr ungewöhnlichen Start in meinen Freiwilligendienst ging es dann aber für mich in den normalen Arbeitsalltag.

Abwechslungsreiche Aufgaben

Die Arbeit im botanischen Garten ist sehr abwechslungsreich. Zu Beginn habe ich oft im Schmetterlingshaus geholfen, das heißt den Raupen neues Futter gegeben und die Boxen, in denen sie leben, gesäubert. Daneben gehe ich auch oft ins Vivero, die Baumschule. Dort werden die Pflanzen für die Wiederaufforstung sowie für den Verkauf reproduziert. Meine Aufgabe besteht darin, Pflanzen zu gießen, Tüten und Töpfe mit Erde zu füllen und Samen zu säubern, um sie anschließend keimen zu lassen. Diese Samen werden zum Teil im botanischen Garten gesammelt und zum anderen Teil aus dem ganzen Land mitgebracht. Zu Beginn des Jahres wurde ich beispielsweise mit nach Loma Miranda genommen, wo wir dann Samen von einer endemischen Pflanze gesammelt haben. Auch Vorträge in Schulen zählen zu der Arbeit des Gartens. Ich hatte das Glück einige Male dabei sein zu können und auch einmal einen kleinen Part des Vortrags übernehmen zu dürfen.

Eine Schwierigkeit muss ich aber nennen: Da meine Organisation Ecoselva zum ersten Mal mit dem botanischen Garten zusammenarbeitet, muss sich sehr viel noch finden. Beispielsweise habe ich erst nach drei Monaten eine Art Wochenarbeitsplan bekommen. Und auch als ich diesen dann hatte, funktioniert Arbeiten nach Plan eher weniger. Ich muss mich also in Geduld üben und Initiative beweisen, um Aufgaben und Antworten zu erhalten. Glücklicherweise verstehe ich mich aber wirklich sehr gut mit meinen Arbeitskolleginnen – und kollegen. In ihrer Gesellschaft macht die Arbeit gleich doppelt so viel Spaß!

Meine Gastfamilie ist super

Ich bin mir jetzt schon sicher, dass ich meine Gastfamilie vermissen werde, wenn ich in acht Monaten wieder zurück nach Deutschland gehe: meinen Gastvater, der besessen von Reis und Avocado ist, meine Gastmutter, die beste Köchin überhaupt, und meine zwei kleinen Gastbrüder, die mich wieder ein bisschen mehr wie ein Kind fühlen lassen. Wir wohnen also zu fünft in einer gemütlichen Wohnung, wo ich mich gleich am Tag meiner Ankunft sehr willkommen gefühlt habe. Auch als ich anfangs Heimweh hatte, hat es super gut getan einfach mit meinem Gastvater darüber zu reden. Jetzt, wo ich hier sitze und über meine Familie schreibe, fällt mir wirklich auf, wie nah wir uns in so kurzer Zeit gekommen sind.

Als mich mein Gastvater abgeholt hat und ich zum ersten Mal durch Santiago de los Caballeros gefahren bin, habe ich die ganze Zeit aus dem Fenster gestarrt und versucht, mir irgendwelche Orientierungspunkte zu merken. Das hat natürlich nicht geklappt. Für mich sah in diesem Moment alles gleich aus.

Mein Gastvater hat mir erklärt, wie der öffentliche Verkehr funktioniert: Es gibt Conchos, die auf verschiedenen Routen fahren, die jeweils mit einem Buchstaben benannt sind. Alles klar, dachte ich. Das Problem ist nur, dass es weder einen Fahrplan mit den Routen und Uhrzeiten noch Haltestellen gibt. Als ich also meinte, dass ich gerne in die Stadt fahren würde, meinte mein Gastvater, dass er mich dort hinbringen wird, wo das Concho M fährt. Von dort sollte ich bis dahin fahren, wo das Concho A fährt und dann bis in die Stadt. Und dann hat er mich am Straßenrand stehen lassen. Aber wer hätte es gedacht: Ich habe es geschafft, am Ende war ich wirklich in der Stadt.

Ich bin mir jetzt schon sicher, dass ich meine Gastfamilie vermissen werde.

Kultur und Menschen

Wenn von dem „typischen Dominikaner“ gesprochen wird, habe ich einen Mann auf einem Plastikstuhl vor Augen, der Bier trinkend mit seinen Freunden und Verwandten vor einem Colmado (einem kleinen Laden) sitzt. Mir ist aufgefallen, dass es die Menschen hier sehr genießen, viel Zeit mit anderen zu verbringen und einfach nur zu reden. Ich wurde schon von mehreren Personen nach Hause eingeladen, um deren Familien kennenzulernen.

In meinen Augen ist die dominikanische Republik ein sehr lautes Land. Wenn ich mein Haus verlasse, laufe ich mit Sicherheit an einem Colmado vorbei, der laut Merengue oder Bachata spielt. Im Verkehr ist das ähnlich. Das Lieblingsteil eines jeden Autofahrers ist die Hupe. Wenn dann auch noch die Straßen vollgestopft sind, dann gibt es eine Menge akustische Reize. Mittlerweile kann ich bei diesem Lautstärkepegel einschlafen. Wahrscheinlich werde ich mich nach meiner Rückkehr nach Deutschland wundern, wie still alles ist.

Ich würde die Menschen als sehr lebensfroh und entspannt beschreiben. Ein Arbeitskollege von mir antwortet beispielsweise auf die Frage, wie es ihm gehe immer „super“ und wenn ich frage wieso, meint er „porque estoy viviendo y porque tengo una familia hermosa“ (weil ich am Leben bin und eine wundervolle Familie habe). Ich will auf keinen Fall generalisieren, aber ich finde das beschreibt ganz gut die Einstellung vieler Menschen hier.

Freizeit und Reisen

Unter der Woche verbringe ich meine Zeit meistens mit meiner Gastfamilie. Manchmal treffe ich aber auch meine Mitfreiwilligen Miriam und Leonie in der Stadt, um mit ihnen einkaufen und essen zu gehen. Die beiden sind für mich zu zwei sehr wichtigen Freunden geworden. Wir haben aber auch schon dominikanische Freunde kennengelernt, mit denen wir öfters was unternehmen. Ich bin sehr dankbar dafür, weil man auf diese Weise die Stadt und das Land auf eine andere Weise erlebt.

Die Wochenenden nutzen wir gerne, um die Insel zu erkunden. Ob heiße Strände, atemberaubende Berglandschaften, kleine Dörfer oder belebte Städte, die dominikanische Republik hat sehr viel zu bieten. Wir haben uns mittlerweile immer mehr angewöhnt, zuerst Familie, Freunde oder Arbeitskollegen nach Geheimtipps zu fragen. Und es gibt noch eine Menge Orte, die ich im weiteren Verlauf meines Freiwilligendienstes besuchen möchte.

Natürlich ist nicht alles rosa-rot und es gibt Dinge, an die ich mich nicht gewöhnen werde. Trotz des stabilen Wirtschaftswachstums erzielt die dominikanische Republik kaum soziale Fortschritte und das macht sich auch im Alltag bemerkbar. In Santiago kann man sofort sehen, wo sich das reiche Volk sammelt und wo die Menschen am Existenzminimum leben. Neben sozialer Ungleichheit hat mich auch der viele Müll schockiert, der gedankenlos neben die Straßen geworfen wird. Dort bleibt er so lange liegen bis er von Straßenhunden gefressen oder in Flammen gesetzt wird. Deshalb bin ich umso dankbarer, dass ich in einer Institution arbeite, welche sich eines dieser Probleme annimmt und für Umweltschutz und –bildung steht.

Ein erstes Resümee

Nun sind also schon vier Monate um. Ich hätte nicht erwartet, dass die Zeit so schnell vergehen würde. Im September war mein Denken noch geprägt von Kulturschock und Heimweh. Ich habe oft den Moment herbeigesehnt, an dem endlich Weihnachten ist und ich das erste Drittel meines Auslandsjahres geschafft habe. Gerade mache ich mir eher Sorgen, wie ich denn noch das Maximum an Erfahrungen aus meinen verbleibenden acht Monaten herausholen kann. Deswegen will ich an dieser Stelle noch kurz das Thema „Ankommen“ ansprechen.

Wikipedia definiert dieses Wort als Gefallen finden und wohlwollend aufgenommen werden. Ich finde diese Definition sehr gelungen. Ich habe nun Gefallen gefunden an dem vielen weißen Reis mit Bohnen, obwohl ich anfangs dachte, das würde irgendwann langweilig werden. Ich habe Gefallen gefunden an dem chaotischen Verkehr, dem frühen Sonnenuntergang und den frischen Früchten. Besonders Gefallen gefunden habe ich an den Dominikanerinnen und Dominikanern, die mit ihrer offenen Art dieses Land erst zu dem machen, was ich so toll finde.