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Warum sie heute alte Fahrradschläuche als Geheimwaffe bezeichnen und wie sie auf den Umgang mit Umweltthemen in Bolivien blicken, haben uns die beiden in einem Interview erzählt.
Das ökologische Jugendzentrum in Cajamarca (Centro Ecólogico Juvenil) wurde im Jahr 1990 gegründet. Den Töchtern der im Umfeld lebenden Bauernfamilien wurde 80 Prozent des Landes mit der Auflage überschrieben, mindestens 20 Jahre lang die damals kahlen Gebiete aufzuforsten. In diesem Zuge entstand über die Jahre ein Wald rund um das Jugendzentrum. Neben Gewächshäusern und einer Baumschule gehören mittlerweile auch verschiedene Tiere, wie Gänse, Hühner, ein Pferd sowie ein Lama zum Zentrum.
Kai: Unsere Aufgaben sind sehr vielfältig. Zum einen müssen wir - wie beispielsweise heute - Holz im Wald sägen. In unserer Einsatzstelle haben wir zwei große Bandsägen, wovon eine in Cajamarca im Centro steht und eine Mobile, welche man auf einen Anhänger laden kann. Darüber hinaus verfügt das Projekt über vier Gewächshäuser und eine Baumschule, wo Gemüse und Bäumchen angepflanzt werden. Hierbei ist es wichtig, alles zu betreuen sowie zu kontrollieren. Dazu gehört unter anderem Gemüse anzupflanzen und immer mal wieder zu gießen. Außerdem füttern wir die Tiere und kontrollieren, dass sie genug Wasser haben und alles in Ordnung ist.
Veit: Daneben hat das Centro insgesamt fünf Gästehäuser. Diese müssen auch fertig gemacht werden für die nächsten Gäste. Manchmal kommen größere Gruppen von bis zu 100 Menschen ins Centro. Mit diesen Gruppen machen wir auch kleine Touren durch das 15 Hektar große Land. Daneben hat das Centro auch einen Kletterpark für die Touristen und Touristinnen, den wir an den Wochenenden regelmäßig mit den Gruppen besuchen.
Kai: Wir haben auch schon viele eigene Ideen eingebracht. Zum Beispiel die Erneuerung des Außenbereichs vom Hühnerstall. Aktuell hat das Centro ungefähr 15 bis 20 Hühner. Unser Chef hat schließlich weiteren Hühnern unter der Bedingung zugestimmt, dass wir uns um die Tiere und die Erneuerung des Bereichs kümmern.
Veit: Was man auch nicht vergessen darf zu erwähnen ist, dass wir zweimal in der Woche in einer Schule im Einsatz sind, in dem kleinen Ort Punilla. Dort geben wir Dienstag- und Donnerstagvormittag für unterschiedliche Klassenstufen Englischunterricht. Das ist ganz cool.
Kai: Dass wir hier gemeinsam zu zweit leben ist sehr angenehm. Gerade dadurch, dass es relativ abgelegen ist. Alleine wäre es schon schwierig.
Veit: Meiner Meinung nach ist man zu zweit immer dazu gezwungen, miteinander zu reden. Für den Fall, dass etwas passieren könnte, ist man zu zweit. Gemeinsam macht einfach alles mehr Spaß, wie zum Beispiel gemeinsam zu kochen. Wir verbringen außerdem sehr viel Zeit miteinander aufgrund der gleichen Arbeit. Außerdem wohnen wir nicht einmal in verschiedenen Räumen, da unser Wohnzimmer und Schlafzimmer einen großen Raum darstellt. Aber selbst das ist, glaube ich, zu zweit viel besser als alleine.
Bolivien hat eine reiche natürliche Umwelt mit einer Vielzahl von Ökosystemen, darunter Regenwälder, Berge, Wüsten und Savannen. Trotz vieler Bemühungen steht das Land weiterhin vor Herausforderungen im Umweltschutz, darunter die Bekämpfung illegaler Landnutzung, die Eindämmung von Umweltverschmutzung und die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels.
Kai: Insgesamt haben wir das Gefühl, dass in Bolivien bislang ein funktionierendes Abfallsystem fehlt. Leider gibt es kein funktionierendes Abfallsystem wie in Deutschland, auch kein Pfandsystem oder ähnliches. Außerdem gibt es sehr viel Plastik. Egal, was du kaufst, es gibt immer neue Plastiktüten dazu. Diese werden dann nach Gebrauch einfach weggeschmissen, zum Beispiel – auch - aus dem Auto oder Bus. Oftmals werden die Tüten aber auch gesammelt und der ganze Müllsack einfach in die Natur gelehrt. Schließlich werden Feuer gemacht und der Müll einfach verbrannt.
Veit: Dennoch funktionieren einige Dinge meiner Meinung nach vielleicht objektiv schlechter, aber es klappt trotzdem. Zum Beispiel viele Autos, die hier fahren, wären in Deutschland wahrscheinlich schon in der Schrottpresse gelandet und trotzdem funktionieren sie. In Deutschland hätten wir dann eine neue Anschaffung, aber in Bolivien wird einfach alles repariert, da Neuanschaffungen zu teuer sind und sich viele Bolivianer*innen einen Neukauf finanziell nicht leisten können. Egal was, es klappt. Ich habe so gelernt, dass man auch mit weniger Mitteln das gleiche Ergebnis erzielen kann. Man sollte sich über das, was man hat, glücklich schätzen, auch wenn man die anderen Extreme vielleicht nicht kennt.
Ich habe so gelernt, dass man auch mit weniger Mitteln das gleiche Ergebnis erzielen kann. Man sollte sich über das was man hat glücklich schätzen, auch wenn man die anderen Extreme vielleicht nicht kennt.
- Veit
Kai: Mit Bolivien verbinden wir auf jeden Fall das Essen. Zum Frühstück beispielsweise pastel de queso. Dieses Gericht kann man sich vorstellen wie ein zusammengeklappter Crépe, der in der Mitte mit Käse gefüllt ist und dann frittiert wird. Das schmeckt sehr gut und dazu gibt es immer Api. Das ist so ein süßes, warmes Getränk aus Maismehl.
Veit: Eins meiner Lieblingsessen ist Tablita. Dabei handelt es sich um Rindfleisch vom Grill, das nur mit Salz und Limone gewürzt wurde und es schmeckt sehr gut. Das Gericht wird mit Reis, ähnlich einem Milchreis, mit ein bisschen Käse innen drin, serviert. Oder mit Pommes, die gibt es immer. Und ich verbinde Koka mit Bolivien. Man kaut die Kokablätter und hat dadurch eine stimulierende Wirkung, wie Kaffee. Es macht wacher, hat weniger Hunger und man kann mehr Arbeiten. Das ist auf jeden Fall verbreitet hier bei den Bauern auf dem Land und hat Tradition. Das ist typisch bolivianisch.
Kai: Was ich auf jeden Fall noch mit Bolivien verbinde, ist die Tatsache, dass man alles mit alten Fahrradschläuchen reparieren kann. Das ist hier so eine Art Geheimwaffe. Zum Beispiel die Schläuche der Wasserleitung, die wir von unserer Quelle im Centro haben, sind alle mit alten Fahrradschläuchen verbunden. Ich will nicht wissen, wie viele Autos hier mit alten Fahrradschläuche zusammengehalten werden. Das ist kein Witz, es ist wirklich so. Das ist eine Wunderwaffe.
Kai: Ein Learning für mich war auf jeden Fall die Spontanität in Bolivien. So kann es sein, dass jemand zu einer Verabredung kommt, es kann aber auch sein, dass er erst in zwei Stunden oder an dem Tag gar nicht erscheint. Dann muss man sich überlegen, wie man mit der Situation umgeht. Das Beste ist, einfach gelassen und spontan zu bleiben, da es zur Tagesordnung gehört. Und wenn mal etwas nicht klappt, nicht sofort den Kopf in den Sand stecken, sondern sich dann überlegen, wie kann ich es anders machen.
Das Beste ist, einfach gelassen und spontan zu bleiben. Und wenn mal etwas nicht klappt, nicht sofort den Kopf in den Sand stecken, sondern sich überlegen, wie kann ich es anders machen.
- Kai
Kai: Einfach machen. Nicht lange darüber nachdenken, sondern einfach recherchieren und suchen, was einem gefällt. Man sieht richtig etwas von der Welt, lernt eine neue Kultur und Sprache kennen. Außerdem lernt man Menschen noch einmal völlig anders kennen. Damit meine ich auch Menschen, die zu gleichen Zeit wie du in Deutschland leben, aber trotzdem gefühlt ein ganz anderes Leben führen. Dann realisiert man, dass es doch so unterschiedlich sein kann. Solche Eindrücke kriegt man hautnah mit.
Veit: Mein Tipp ist, ähnlich wie Kai, einfach zu machen. Lieber dieses Jahr schon als dann irgendwie erst nach dem Studium. Irgendwann hat man zu viele Verpflichtungen. Ich würde sagen, der der es kann und bei dem es zeitlich passt, es einfach jetzt zu machen.