Noch auf der Suche? Auf deinem Merkzettel kannst Du Entsendeorganisationen speichern, die Dir zusagen. Schick sie Dir anschließend per Mail zu oder speichere sie als PDF.
weltwärts
gehen
weltwärts
gehen
Der Internationale Tag des Respekts findet jedes Jahr am 18. September statt und soll weltweit das Bewusstsein dafür schärfen, Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion oder Lebensweise mit Würde und Anerkennung zu behandeln.
Die Freiwillige Jette Marquardt ging im September 2023 weltwärts nach Sambia in die Kleinstadt Livingstone. Ihre Leidenschaft zum Sport sowie ein halbjähriges Sozialpraktikum motivierten sie, sich für eine Einsatzstelle des ASC Göttingen zu bewerben. Warum Sport für sie aus ihren Projekten nicht mehr wegzudenken ist und was sie sich zum Tag des Respekts ganz persönlich wünscht, hat sie uns in einem Interview erzählt.
Jette: In meinem Freiwilligendienst haben die Aufgaben überwiegend mit sportlichen Aktivitäten zu tun. Sport hat mir einfach schon immer unfassbar viel Spaß gemacht, er ist vielfältig und es ist für jeden etwas dabei. Deswegen strebt der ASC auch nach dem Spruch „Sport has the power to change the world“, wie Nelson Mandela einst sagte.
Für meine Auswahl habe ich bei Bekannten nach Erfahrungen gefragt, die verschiedene weltwärts-Länder zuvor schon einmal besucht haben. So habe ich von Sambia erfahren. Heute kann ich sagen, dass ich sehr glücklich darüber bin, nach Sambia gekommen zu sein und dass ich mir keinen besseren Ort als Livingstone für meinen Freiwilligendienst hätte vorstellen können. Inzwischen bin ich schon 11 Monate hier und die Menschen sind wirklich super freundlich und herzlich.
Jette: Ich habe schon mein ganzes Leben lang viele Hobbys gehabt und vor allem sehr viel Sport gemacht. Vor dem Freiwilligendienst hatte ich allerdings noch keine Vorerfahrung in der Rolle einer Sportleitung. Durch die vielen Jahre in Sportvereinen konnte ich aber immer genau beobachten, wie meine Trainer oder meine Tanzlehrerin ihre Trainings aufgebaut und verschiedene Übungen vorgestellt haben. Beim Vorbereitungsseminar für unser Auslandsjahr haben wir zudem einen „Crashkurs“ bekommen, wie man als Sportleitung agieren kann und sollte. So haben wir viele wichtige Hinweise erhalten und Aufwärmspiele, Übungen usw. gelernt. Außerdem habe ich in der 9. Klasse ein halbjähriges Diakoniepraktikum an einer Hauptschule gemacht. Dort habe ich Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund und einer Sprachbarriere im Unterricht oder bei Hausaufgaben unterstützt.
Jette: Meine Aufgaben umfassen vor allem den Sportunterricht am Vormittag, das Girls in Action-Programm (GIA-Programm) sowie Nachmittagsangebote, Turniere oder Ferienprogramme. Manchmal gibt es auch Papierkram oder andere Kleinigkeiten, bei denen ich die Lehrer*innen oder den Schulleiter unterstütze.
Der Start in meinen Einsatzstellen war ein wenig schwierig, da dort seit der Corona-Pandemie keine Freiwilligen tätig waren. Ich habe zusammen mit meinem Projektpartner z.B. das Zahnputzprojekt unserer Vorfreiwilligen wiederaufgebaut. 1-2 Mal wöchentlich putzen wir mit den Erstklässler*innen in der Schule die Zähne und klären sie über die Mundhygiene auf.
An meiner zweiten Einsatzstelle habe ich zwei Fußball-Jungsteams sowie Fußballtraining für Mädchen eingeführt. Auf die Idee kam ich während einer Session für das GIA-Programm: ich habe beobachtet, wie die Jungs auf dem Netballfeld nebenan mit einem Plastikball Fußball gespielt haben. Die Tore waren improvisiert und durch Schultaschen, Steine oder Stöcker markiert. So kam ich darauf, mit den Jungs ein Fußballteam zu formen, regelmäßige Trainings zu veranstalten und an Spielen und Turnieren teilzunehmen. Zusammen mit meinen 5 Mitfreiwilligen hier in Livingstone habe ich auch ein großes eintägiges Fußballturnier veranstaltet, Transport, Verpflegung und die Siegerpreise haben wir organisiert.
Jette: Das GIA-Programm setzt sich dafür ein, junge Mädchen und Frauen über wichtige, oft tabuisierte Themen wie HIV, Verhütung, Menstruation und Schwangerschaften aufzuklären, da diese Themen zu Hause meist kaum besprochen werden. Ziel ist es, mit einer angemessenen Aufklärung z.B. ungewollte Schwangerschaften im jungen Alter, oder eine Infektion mit dem HIV-Virus zu verhindern.
Um das Programm interessanter zu gestalten, werden die Themen häufig mit sportlichen Aktivitäten verknüpft, was die Mädchen motiviert und aktiver teilnehmen lässt. Zusätzlich wird durch gesammelte Spenden das Netballfeld an der Zambezi School verbessert, um die GIA-Stunden noch effektiver zu gestalten und möglicherweise ein Mädchen-Netballteam zu gründen.
Jette: Sport spielt in unserem Projekt eine riesige Rolle und ist sehr, sehr wichtig. Die Kinder haben eigentlich immer Lust auf Sport. Beim Sport wird niemand ausgeschlossen, sondern es wird miteinander gespielt und es ist für jeden etwas dabei. Man merkt auch deutlich, dass die Kinder es brauchen, sich mal auszupowern, wenn sie schon länger in der Klasse saßen und dass sie sich danach wieder viel besser konzentrieren können.
Besonders bei Teamsportarten, wie Fußball oder Netball werden die Kinder verbunden und der Teamgeist gestärkt. Sie lernen, dass es nicht nur darum geht, dass man selbst gut spielt, sondern es auf die Teamleistung ankommt. Außerdem lernen sie, sich gegenseitig zu unterstützen, zu motivieren und füreinander da zu sein.
Jette: Hier in Sambia wird vor allem in den traditionellen Haushalten meistens noch nach den klassischen Rollenverteilungen gelebt. Dies äußert sich darin, dass die Mädchen z.B. bestimmte Kleidung tragen müssen oder teilweise kein Fußball spielen dürfen, da es eine „Jungssportart“ sei. Viele dürfen auch gar nicht länger, für die Nachmittagsangebote, in der Schule bleiben. Oftmals müssen sie direkt nach der Schule nach Hause um Wäsche zu waschen, Abwasch zu machen, zu kochen oder sich um Geschwister zu kümmern, während die Jungs nachmittags noch länger zum Fußball spielen in der Schule bleiben dürfen. Das sind leider auch die Hauptgründe dafür, weshalb sich das Mädchen-Fußballprojekt nicht sehr lange gehalten hat.
Oftmals kommt es auch vor, dass die Mädchen oder generell weibliche Personen unterschätzt werden. Es wird einfach davon ausgegangen, dass die Mädels schwach, langsam, unsportlich seien oder z.B. kein Fußball spielen können, bis ihr Gegenüber vom Gegenteil überzeugt wird.
Es ist mir aber wichtig zu sagen, dass diese Aussagen nicht auf ganz Sambia und schon gar nicht Afrika projiziert werden können. Zum Thema Respekt habe ich beispielsweise auch beobachtet, dass hier in Sambia sehr viel Wert auf Respekt gegenüber Älteren oder „höher gestellten Personen“ wie z.B. dem Chef oder dem Schulleiter gelegt wird.
Jette: Das größte Learning für mich war bisher, dass man sich nicht von Enttäuschungen runterziehen lassen und immer selbstbewusst an neue Dinge herangehen sollte. Oft haben Dinge, die ich neu starten wollte, nicht von Anfang an funktioniert. Ich wollte manchmal aufgeben, aber ich habe weitergemacht. Und letztendlich hatte ich immer Erfolg und habe es geschafft, etwas auf die Beine zu stellen.
Außerdem habe ich gelernt, Vorurteile abzubauen und Dinge zu hinterfragen anstatt sie einfach hinzunehmen. Länder des Globalen Südens wie Sambia und die Menschen die dort leben, werden oft mit Vorurteilen konfrontiert. In diesem Jahr habe ich gelernt, dass das meistens definitiv nicht zutrifft und es wichtig ist, dass man diese immer hinterfragt und nicht übernimmt.
Jette: Setze dich vorher gut mit deinem Einsatzland, der Kultur und der Geschichte auseinander. Es ist wichtig, über die Hintergründe eines Landes Bescheid zu wissen, bevor man dort leben wird.
Außerdem, zweifle nicht an dir selbst, deinem Mut oder deinem Selbstbewusstsein, den Freiwilligendienst zu machen. Du wirst tausende Menschen kennenlernen, die dich auf deiner Reise begleiten und dir helfen werden. Du wirst unvergessliche Erfahrungen sammeln und dich vor allem selbst weiterentwickeln.
Jette: Mein Wunsch zum internationalen Tag des Respekts ist es, dass alle Menschen etwas mehr darüber nachdenken, wie sie in einem respektvollen Umgang mit ihren Mitmenschen leben können und ob sie noch etwas verbessern sollten. Vor allem, dass Menschen oder Gruppen nicht mehr diskriminiert werden. Jeder Mensch sollte von der Gesellschaft und seinen Mitmenschen gleichermaßen respektiert werden. Unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe, Sexualität, Religion oder weiteren Faktoren. Wir alle haben einen Wert und verdienen es alle, respektiert zu werden.
Vielen Dank für das spannende Gespräch!