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Anlässlich des internationalen Tages der Migrant*innen, der weltweit auf die Rechte und Lebensrealitäten von Migrant*innen aufmerksam machen soll, haben wir mit dem 19-jährigen Freiwilligen Samuel Klüh über seinen Freiwilligendienst im Integrationszentrum für Migrant*innen in São Paulo in Brasilien gesprochen. Samuel teilt Einblicke in seine Arbeit, die brasilianische Kultur und die Bedeutung von Austausch und Solidarität – ein Thema, das an diesem Tag besonders im Fokus steht.
Samuel: Danke für eure Einladung. Ich freue mich, euch ein paar Frage zu meinem Jahr zu beantworten! São Paulo ist riesig, die brasilianische Gastfreundschaft umwerfend und dieses Land nicht in 100 Leben ganz studierbar.
Samuel: Für mich war schon seit längerem klar, dass ich das Jahr nach der Schule dafür nutzen will, um andere Lebensrealitäten kennenzulernen und durch Austausch und Begegnung wieder den Schwerpunkt auf unsere Gemeinsamkeiten zu legen anstatt das hervorzuheben, was uns unterscheidet.
weltwärts und insbesondere die Steyler Missionsschwestern gaben mir vor allem Dank einer intensiven Vor- und Nachbereitung die Möglichkeit, diesen Wunsch aus einer offenen und bewussten Haltung heraus anzugehen.
Samuel: Der Arbeitsalltag war bunt. Oftmals geprägt von bestimmten Events oder der Auseinandersetzung mit individuellen Herausforderungen.
Besonders aufgegangen bin ich jedoch in der progressiven Arbeit mit den Kindern. So konnte ich beispielsweise nach einer nicht zu unterschätzenden und intensiven Eingewöhnungsphase einen „Safe-Space“ für die von uns betreuten Kinder entwickeln. Viele dieser noch heranwachsenden Persönlichkeiten haben, bedingt durch ihre Geschichte und in der sich wiederfindenden prekären Lebensrealität, im alltäglichen Miteinander wenig Optionen eigene Gefühle und Emotionen zu äußern und einen gesunden Umgang mit ihnen zu erlernen. Mir lag es am Herzen in enger Absprache mit meinen Mentor*innen genau hierfür Platz zu schaffen.
So trafen wir uns mit den jeweiligen Gruppen mehrmals die Woche, um gemeinsam über aktuelle sowie tiefgreifende Themen zu reden. Immer wieder bereicherten Gäste unsere Treffen, durch die wir Möglichkeiten und Erfahrungen kennenlernen konnten, die den Umgang mit Gefühlen greifbarer machen.
Samuel: Zunächst kann ich diesem Tag durch die persönliche Verbindung zu diesem Thema nun nochmals deutlich mehr Wichtigkeit zusprechen.
Menschen, die ihr Zuhause verlassen, begeben sich ohnehin schon in eine verletzliche Position. Insbesondere in den aktuellen Debatten habe ich jedoch das Gefühl, dass der menschschützende Ansatz nicht mehr die treibende Kraft darstellt, sondern andere Interesse den Diskurs dominieren.
So ein Tag kann uns dabei helfen aktuelle Standpunkte zu hinterfragen und gemeinsam wieder eine Kultur der Offenheit und Inklusion zu pflegen. Hierbei ist es wichtig den Worten Taten folgen zu lassen und eine aktive Position für mehr Humanität und Nächstenliebe einzunehmen.
„So ein Tag kann uns dabei helfen, aktuelle Standpunkte zu hinterfragen und gemeinsam wieder eine Kultur der Offenheit und Inklusion zu pflegen. Hierbei ist es wichtig, den Worten Taten folgen zu lassen und eine aktive Position für mehr Humanität und Nächstenliebe einzunehmen.“
Samuel: Brasilien befindet sich als Land in der Übergangsphase von einer Entwicklungsnation hin zu einer Industrienation. Seine lateinamerikanische Vormachtstellung macht es (insbesondere in urbanen Räumen) attraktiv für Menschen, die sich ökonomisch ein besseres Leben erhoffen.
Meist habe ich eine grundlegende Offenheit gegenüber diesen Träumen wahrgenommen, die ihren Ursprung in der brasilianischen Gastfreundlichkeit haben und die sich oftmals in der vom Christentum ausgehenden Moral wiederfinden lässt.
Jedoch bemerke ich in Brasilien vielerorts, trotz seiner von Migration geprägten Geschichte, Unverständnis und Unmut Fremden gegenüber. Der in Brasilien stark rechts-konservative Flügel begünstigt hierbei weitere Spaltung und verhindert essenziellen Austausch.
So kann man sagen, dass Migrant*innen in Brasilien durchaus auf offene Arme stoßen. Jedoch stellen mafiöse Strukturen, die unwirkliche Versprechen machen, sowie ein anhaltendes Misstrauen, insbesondere in der so wichtigen Anfangszeit, Herausforderungen dar, die den Integrationsprozess erschweren.
Samuel: Meine Erfahrung war geprägt von Austausch und einfachen Gesprächen. Mich aktiv einzubinden, Kommunizieren ein Stück weit neu zu erlernen und zuzuhören, sehe ich sowohl als berufliche wie auch als persönliche Stärke an.
Samuel: Pläne hatte ich definitiv. Ich habe aber schnell gemerkt, dass es vor allem wichtig ist, aus einer aktiven Haltung heraus offen für all das zu sein, was eventuell noch kommen könnte. Diese Einstellung hat dazu geführt, dass sich mein Jahr in vielerlei Hinsicht selbst intensiviert hat und ich die Möglichkeit bekam, ganz andere Türen des sozialen Engagements/Kampfes und der brasilianischen Kultur zu öffnen.
Samuel: Sei offen, gelassen und bewusst. Brasilien ist viel mehr als „nur“ Samba, Copacabana und Fußball. Nehme dir Zeit dich auf dieses so große und komplexe Land einzulassen und bekomme dadurch die Chance viele seiner harten aber vor allem wunderbaren Seiten kennenzulernen.
Samuel: Lasst uns wieder mehr lieben. Gemeinsam haben wir die Möglichkeit, für das Gute einzustehen und etwas in dieser Welt zu bewirken. Hierfür muss jede*r von uns aufstehen und sich aktiv für die Rechte seines Gegenübers einsetzen.
Ich habe in meinem Jahr gemerkt, wie viel ich von Menschen mit anderen Lebensrealitäten und Kulturen lernen kann. Begeben wir uns erneut in einen progressiven Austausch, profitieren wir voneinander und stellen den aufstrebenden hassschürenden Institutionen unserer Gesellschaft etwas entgegen.
„Ich habe in meinem Jahr gemerkt, wie viel ich von Menschen mit anderen Lebensrealitäten und Kulturen lernen kann. Begeben wir uns erneut in einen progressiven Austausch, profitieren wir voneinander und stellen den aufstrebenden hassschürenden Institutionen unserer Gesellschaft etwas entgegen.“
Vielen Dank für diese spannenden Einblicke!