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In die Welt
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Luisa: Die Rainbow Foundation ist eine buddhistisch-anthroposophische Initiative und eine gemeinnützige Organisation, die Menschen mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen fördert, sich aber auch für Familien mit niedrigem Lebensstandard oder schweren Schicksalsschlägen stark macht. Sie wurde 2016 von Martin Henrich gegründet, einem anthroposophischen Heilpädagogen. Seitdem konnte die Stiftung viele Familien und Einrichtungen unterstützen.
Gewaltfreie Pädagogik bedeutet für die Rainbow Foundation, einen heilpädagogischen Ansatz mit Betroffenen zu verfolgen, der auf Respekt, Empathie und Gleichwürdigkeit basiert. Der sri-lankische Staat bietet Menschen mit Behinderungen bislang leider nur wenig Unterstützung, sodass viele Familien in ihrer Situation hilflos sind und viel zu oft von der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
Genau an diesem Punkt versucht die Rainbow Foundation anzusetzen. Sie bietet Therapiestunden an und bemüht sich Familien in Notlagen – zum Beispiel bei Krankheit – mithilfe von Spendengeldern auch finanziell zu unterstützen. Außerdem vermittelt sie Patenschaften zwischen Kindern aus sozial schwachen Familien und Sponsoren aus der ganzen Welt. Mit vielen kleinen Schritten möchte die Rainbow Foundation ein Bild von Sri Lanka mitgestalten, in dem alle Menschen gleich viel wert sind, und akzeptiert und toleriert werden.
Luisa: Wir als Freiwillige haben viele verschiedene Möglichkeiten, die Rainbow Foundation in ihrem Wirken zu unterstützen. Dabei sind wir nicht immer direkt in die tägliche Arbeit der Organisation eingebunden, sondern engagieren uns individuell in lokalen Projekten – auch, um den kulturellen Austausch zu fördern. Aktuell gestalten wir Bastelworkshops in einem Wohnheim für Frauen mit Beeinträchtigungen. Uns ist es besonders wichtig, eine gemeinschaftliche, fröhliche Atmosphäre zu schaffen, in der wir alle Spaß haben und eine schöne Zeit miteinander verbringen. In den letzten Wochen haben wir Beete angelegt, Sträucher geschnitten, Armbänder geknüpft, Lampenschirme gebastelt und Kokosnussschalen in Blumentöpfe verwandelt.
Auch wenn die sprachliche Barriere definitiv eine Herausforderung darstellt, bin ich immer wieder beeindruckt, wie viel durch Mimik und Gestik möglich ist. Mittlerweile herrscht eine so vertraute Stimmung, dass Kommunikation kaum noch ein Problem darstellt.
Außerdem haben wir mehrere Spoken-English-Kurse organisiert, sowohl an einer lokalen Schule als auch an einem Tempel. In den Schulen wird oft nur schriftlich unterrichtet – viele Kinder haben Angst, frei zu sprechen. Genau dort haben wir angesetzt und versucht, mit Spielen, Tanzen und Singen diese Hemmungen abzubauen. Für uns war es ein großes Kompliment, am Ende nicht als Lehrer*innen, sondern als Freund*innen wahrgenommen zu werden – und wir waren überrascht, wie viele Fragen plötzlich auf uns einprasselten.
Ein Herzensmoment war für mich das Malen mit einem kleinen Mädchen in der Vorschule. Sie zeigte mir jedes Bild, nannte mir den singhalesischen Begriff, und wartete gespannt auf die englische Übersetzung. Erst auf dem Heimweg wurde mir bewusst: Wir hatten zwei Stunden lang miteinander kommuniziert – ohne eine gemeinsame Sprache, aber mit echter Verbindung.
Luisa: Genau, in Sri Lanka leben vor allem Singhalesen und Tamilen, dazu kommt eine große Vielfalt an Religionen. Der Buddhismus ist die am weitesten verbreitete Glaubensrichtung, aber auch der Hinduismus ist stark vertreten, gefolgt vom Islam und dem Christentum. Obwohl es bis vor einigen Jahren noch schwere Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen gab, erlebe ich das Zusammenleben heute überwiegend als friedlich. Ich finde es spannend, die zwischenmenschlichen Beziehungen zu beobachten. Oberflächlich betrachtet bekommt man von den früheren Spannungen kaum noch etwas mit. Doch durch viele persönliche Gespräche mit den Menschen hier wissen wir mittlerweile, dass es unter der Oberfläche leider oft noch anders aussieht – und dass es weiterhin zu Gewalt und Diskriminierung kommen kann. Sicherlich wurden in den letzten Jahren wichtige Fortschritte gemacht, aber ganz überwunden scheint das Thema noch nicht zu sein.
Das religiöse Zusammenleben hingegen erlebe ich als sehr harmonisch. Es gibt viele Feiertage aus allen Religionen, die landesweit gefeiert und respektiert werden – was ich als sehr verbindend empfinde.
Luisa: Für mich war der Buddhismus vor meinem Freiwilligendienst eine völlig unbekannte Religion, da ich zuvor keinerlei Berührungspunkte damit hatte. Im Laufe dieses Jahres habe ich ihn jedoch als eine sehr spannende und tiefgründige Glaubensrichtung kennengelernt, der in seinen tieferen Ebenen unterschiedliche Ausrichtungen kennt und dadurch auch Raum für individuelle Auslegungen lässt. Trotz dieser Vielfalt gibt es einige zentrale Elemente, die hier im Alltag stark präsent sind – besonders die Achtsamkeit, die Wertschätzung dessen, was man hat, sowie die Praxis von Opfergaben und Dankbarkeit.
Der Glaube wird hier sehr intensiv gelebt und schon früh in Familien und Schulen vermittelt. Er ist fester Bestandteil des Alltags: So wird beispielsweise jeden Morgen in der Schule gebetet, und zum Abschied von Lehrpersonen, Eltern oder Unterstützenden knien sich viele als Zeichen des Respekts nieder. Es gibt zahlreiche religiöse Feste, und was mich dabei besonders berührt, ist die enge familiäre Verbundenheit, die ich in dieser Form aus Deutschland kaum kenne. Diese Nähe innerhalb der Familien empfinde ich als etwas ganz Besonderes.
Doch habe ich auch erlebt, dass ein starker Glaube manchmal auch mit Einschränkungen einhergehen kann – etwa, wenn es um persönliche Entscheidungsfreiheit geht. Ein Beispiel dafür haben wir im Zusammenhang mit dem Thema Ehe erlebt.
Luisa: Bis vor etwa zwei Jahren befand sich Sri Lanka in einer schweren Wirtschaftskrise, die das Parlament erschüttert und die Gesellschaft stark gespalten hat. Seit ich hier bin, erlebe ich die Situation als recht stabil. In vielen Gesprächen mit Einheimischen habe ich herausgehört, dass es wieder Hoffnung gibt – viele blicken optimistisch in die Zukunft und glauben daran, dass es weiter bergauf geht.
Ich selbst habe die Krise also eher im Rückblick durch Erzählungen mitbekommen, denn seit unserer Ankunft ist die Lage im Großen und Ganzen ruhig. Trotzdem begegnet einem das Thema an manchen Stellen ganz konkret. Zum Beispiel wurden während der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen Ende des Jahres größere Veranstaltungsorte wie Schulen geschlossen, um mögliche Auseinandersetzungen wie in den vergangenen Jahren zu vermeiden. Außerdem galt an diesen Tagen eine Ausgangssperre von etwa 18 Stunden, was mir nochmal gezeigt hat, wie tief das Misstrauen sitzt.
Auch wirtschaftlich sind die Nachwirkungen spürbar. Vor allem in den touristischen Küstenorten sind die Preise sehr hoch. Was mich aber am meisten beschäftigt, sind die sozialen Themen, die hier noch stark präsent sind: Armut ist weit verbreitet, das Gesundheitssystem wirkt an vielen Stellen instabil, und es gibt deutliche Unterschiede beim Zugang zu Bildung. Auch bei Themen wie Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau oder LGBTQ-Rechten merkt man, dass es noch viel zu tun gibt. Diese Ungleichheiten begegnen uns im Alltag immer wieder – mal offen, mal ganz subtil –, und sie haben mir deutlich gemacht, wie wichtig es ist, solche Erfahrungen nicht auszublenden.
»Ich durfte bereits so viele Menschen und ihre Geschichten kennenlernen, dass ich Werte wie Nächstenliebe, Dankbarkeit und Fürsorge für mich neu definieren konnte.«
Luisa: Das ist mit Sicherheit die schwierigste Frage – denn all diese Erfahrungen auf einen Punkt zu bringen, ist fast unmöglich! Für mich persönlich ist dieses Jahr eine absolute Herzensangelegenheit. Jeden Tag aufs Neue empfinde ich die Kultur und die zwischenmenschlichen Beziehungen hier als etwas ganz Besonderes.
Anfangs fiel es mir schwer, all das richtig einzuordnen – vieles war neu, manchmal auch fremd und herausfordernd, aber genau das hat es auch so spannend gemacht. Mittlerweile bin ich hier richtig angekommen: Ich habe Lieblingsorte, enge Freundschaften geschlossen und fühle mich sehr verbunden mit dem Land und den Menschen. Es ist eine einmalige Erfahrung, ein Land auf so einer tiefen Ebene und über einen so langen Zeitraum kennen- und lieben zu lernen.
Was mich dabei am meisten berührt, sind nicht die großen Erlebnisse, sondern die kleinen, oft versteckten Momente, die ich in einem Urlaub vermutlich nie erlebt hätte. Es ist, als würde man ein neues Kapitel aufschlagen – und mit jeder Seite wird die Geschichte lebendiger, überraschender und persönlicher.
Natürlich läuft nicht immer alles rund, aber gerade diese Phasen bieten mir besonders viel Raum für persönliches Wachstum. Ich durfte bereits so viele Menschen und ihre Geschichten kennenlernen, dass ich Werte wie Nächstenliebe, Dankbarkeit und Fürsorge für mich neu definieren konnte. Ich glaube, das ist die größte Erfahrung, die ich hier machen darf: meinen eigenen Blickwinkel zu entwickeln – unabhängig von dem, was ich bisher kannte.
Ich bin einfach sehr glücklich hier, und die Zeit vergeht viel zu schnell. Wenn es klappt, würden wir gern noch ein paar kleinere Projekte umsetzen, zum Beispiel Schwimmunterricht für Kinder. Ansonsten möchte ich möglichst viel Zeit mit meinen Freunden und einer befreundeten Familie verbringen. Und: Ich würde gerne nochmal aus meiner Komfortzone ausbrechen und allein ein Surfcamp an der Ostküste besuchen. Und sonst? Die verbleibende Zeit einfach in vollen Zügen genießen!
Alle Infos für einen Freiwilligendienst in Sri Lanka gibt es hier:
Freiwilligendienst in Sri Lanka
Diese Einsatzstelle wird von der weltwärts-Organisation angeboten:
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